Sekundärer Hypertonus

Eine chronische Hypertonie betrifft 25% der Bevölkerung westlicher Industrienationen. Davon werden zwei Drittel leider immer noch nicht adäquat behandelt. Bei 85-95% handelt es sich um eine primäre Hypertonie (genetische Disposition, metabolisches Syndrom, Rauchen, Alkohol). In 5-15% der Fälle liegt eine sekundäre Hypertonie vor, die durch eine zugrundeliegende, kausal therapierbare Erkrankung verursacht wird. Dies können Erkrankungen von Niere und Nebenniere, hormonelle Störungen, Schlafapnoe oder bestimmte Medikamente sein.

Sekundäre Formen der Hypertonie fallen z.B. durch einen schweren, anhaltenden und kaum therapiebaren Bluthochdruck auf. Weitere Indizien sind plötzliche Blutdruckanstiege oder ein Alter der Betroffenen von unter 30 Jahren. Der primäre Hyperaldosteronismus (PHA) ist die mit Abstand häufigste Ursache einer endokrinen Hypertonie und kommt bei ca. 8 bis 12% aller Hypertoniepatient*innen vor. Neben dem PHA weist auch das seltenere Phäochromozytom einen erhöhten Blutdruck als Leitsymptom auf. Bei den meisten anderen endokrinen Hypertonieformen ist der erhöhte Blutdruck oft nur ein Begleitsymptom einer Erkrankung wie dem Cushing-Syndrom.

12 % aller Hypertonie-Formen sind durch Erkrankungen der Nebenniere bedingt!

Primärer Hyperaldosteronismus (PHA), Conn-Syndrom

Das Conn-Syndrom ist die häufigste Ursache der sekundären Hypertonie. Leitsymptome sind Hypertonus und Hypokaliämie. Die meisten Patient*innen weisen jedoch eine Normokaliämie auf. Das Conn-Syndrom führt zu einem massiv erhöhten kardiovaskulären Risiko, auch bereits bei mäßig erhöhten Blutdruckwerten. Dies wird z.B. durch proinflammatorische und prothrombotische Effekte von Aldosteron bewirkt. Umso wichtiger ist es, alle Verdachtsfälle – z.B. bei therapieresistentem Bluthochdruck – zu testen. Leider bliebt diese Störung aber immer noch unterdiagnostiziert und damit zu wenig behandelt. Ein erhöhter Aldosteron-Renin-Quotient (ARQ) kann auf einen primären Hyperaldosteronismus hinweisen. Der Test erreicht eine Spezifität von nahezu 100% bei einem Aldosteron > 200 ng/l und einem ARQ > 50. Voraussetzung ist hier die Beachtung einer anspruchsvollen Präanalytik (siehe Themenheft „Endokrinologische Funktionsteste“). 

Es gibt zahlreiche Medikamente, die einen Einfluss auf den ARQ haben, wobei die aktuellen Richtlinien jedoch empfehlen, dass in vielen Fällen der ARQ trotz fortgeführter Medikamenteneinnahme (z.B. ACE-Hemmer oder Betablocker) oder anderer suboptimaler Testbedingungen ausreichend interpretiert werden kann. Bestimmte Medikamente müssen jedoch z. T. Wochen vor dem Test abgesetzt werden. Eine Bestätigungsdiagnostik bei einem erhöhten ARQ umfasst u. a. den Kochsalz-Volumenbelastungstest und den Fludrocortison-Hemmtest.

Phäochromozytom

Ein Phäochromozytom ist recht selten und stellt nur in 0,2-0,4% der Fälle die Ursache einer sekundären Hypertonie dar. Die Schwelle zur diagnostischen Abklärung sollte dennoch niedrig sein, v. a. aufgrund des unbehandelt fatalen Verlaufs der Erkrankung. Die klassische klinische Trias aus Kopfschmerzen, Schwitzen und Palpitation ist nur bei ca. 10% der Patient*innen zu beobachten. Eine Abklärung auf ein Phäochromozytom wird bei allen Patient*innen mit verdächtiger Klinik, v. a. bei paroxysmal auftretenden Symptomen und bei jedem Nebenniereninzidentalom empfohlen.

Zur Abklärung eines Phäochromozytoms können entweder die Metanephrine (Metanephrin und Normetanephrin) im Plasma oder im 24-Stunden-Sammelurin verwendet werden. Die Bestimmung im Plasma oder im Urin wird als gleichwertig angesehen, wobei die Abnahme im Plasma einfacher im Praxisalltag ist. Dennoch muss in beiden Fällen die besondere Präanalytik beachtet werden. Metanephrine und Normetanephrine sind Stoffwechselmetaboliten von Adrenalin und Noradrenalin und sind in ihrer Konzentration nicht so stark schwankend wie Adrenalin und Noradrenalin. Die Metanephrine sind sehr sensitiv (d.h. ein negatives Testergebnis bedeutet mit hoher Sicherheit einen Ausschluss der Erkrankung), aber leider nicht sehr spezifisch mit häufig falsch positiven (leicht) erhöhten Werten. Im Falle leicht erhöhter Werte (weniger als 3-fach über dem oberen Grenzbereich) kann eine Testwiederholung unter optimalen Bedingungen hilfreich sein (z.B. im Liegen, evtl. optimierte Medikation). Liegen die Metanephrine und Normetanephrine dann im Normbereich, kann ein Phäochromozytom ausgeschlossen werden.

Hypercortisolismus

Ein Hypercortisolismus stellt nur in 0,3% der Fälle die Ursache eines sekundären Hypertonus dar. Der endogen verursachte Hypercortisolismus ist in ca. 70% ein ACTH-abhängiges (hypophysäres) Morbus Cushing. Seltener ist das ACTH-unabhängige (adrenale) Cushing-Syndrom (ca. 15%). Das ektope (paraneoplastische) Cushing-Syndrom macht ca. 10% der Hypercortisolämien aus. Das exogene Cushing-Syndrom wird durch Langzeit-therapeutische Gaben von Glucocorticoiden verursacht. Diagnostisch stehen hier die Parameter Cortisol und ACTH im Nüchternzustand bzw. nach entsprechendem Hemmtest zur Verfügung.

Hyperthyreose

Die Basisdiagnostik der Schilddrüsenfunktion umfasst TSH und ggf. fT3 und fT4. Bei bestehendem Verdacht auf eine autoimmune Ursache sollten zusätzlich die Autoantikörper TRAK (TSH-Rezeptor-AK) und TPO-AK (Thyroid Peroxidase-AK, MAK) bestimmt werden.

Sonstige Ursachen:

  • Renovaskulärer bzw. renoparenchymatöser Hypertonus
  • Akromegalie [Somatomedin C (IGF-1), Somatotropes Hormon (STH)]
  • Hyperparathyreoidismus [Calcium, Parathormon]
  • Adrenogenitales Sydnrom (AGS) [17-OHProgesteron, ACTH-Stimulationstest]
  • Schlafapnoe- Syndrom (SAS)
  • Medikamente z.B. Gemcitabin
  • Sonderfall: Gestationshypertonie (EPH, HELLP) [sFlt-1/PlGF-Quotient]

Tabelle 1: Laboruntersuchungen bei V.a. sekundärer Hypertonie

Fragestellung Parameter Material
Basisuntersuchungen (kardiovaskuläres Risiko, Komorbiditäten) Nüchtern-Glucose, HbA1c, Lipide, Blutbild, Elektrolyte, Creatinin (GFR), Harnanalyse (Protein, Albumin), Leberwerte, TSH, Harnsäure Serum, NAF-Blut, EDTA-Blut, Urin
Sekundäre Hypertonie
Primärer Hyperaldosteronismus Aldosteron, Serum
Renin,
Aldosteron-Renin-Quotient (ARQ), bestimmte Medikamente
absetzten
EDTA-Plasma, gefroren (nicht bei 2-8 °C lagern)
Folgeuntersuchungen bei unklarer Konstellation: Kochsalz-Volumenbelastungstest, Fludrocortison-Hemmtest  
Nierenarterienstenose Aldosteron, Renin (hohes Aldosteron und Renin), Captopril-Test mit überschießendem Renin-Anstieg Serum, EDTA-Plasma, gefroren
Hypercortisolismus
(Cushing-Syndrom)
Cortisol im Serum, morgens!, Serum (morgens abnehmen)
Dexamethason-Hemmtest: abends gegen 23 Uhr 1 mg
Dexamethason p.o. und morgendliche Bestimmung von Cortisol (nüchtern),
Serum
24h-Urin freies Cortisol,
Cortisol im Speichel um Mitternacht
24-h Urin
Speichel (LADR Speichelentnahmeset zur Hormonbestimmung, Best.-Nr. 262045)
Erweiterte Diagnostik: 8 mg Dexamethason-Hemmtest,
basales ACTH
Serum
EDTA-Plasma, gefroren
CRH-Test (Corticotropin-Releasinghormon-Test) Serum, EDTA-Plasma,gefroren
 
Phäochromozytom Freies Metanephrin und Normetanephrin EDTA-Plasma, gefroren
24h-Ausscheiung im Urin von Metanephrinen, Adrenalin und Noradrenalin, Dopamin 24h-Urin mit Eisessig
Erweiterte Diagnostik: Clonidin-Hemmest EDTA-Plasma, gefroren
Hyperthyreose TSH, ggf. fT3, fT4 Serum

Abrechnung

Parameter Material EBM GOÄ
Ziffer Ziffer € (1,15-fach)
Aldosteron 1 ml Serum 32385 11,70 € 4045 21,45 €
Renin 2 ml EDTA-Plasma, gefroren 32386 31,30 € 4058 21,45 €
Cortisol 1 ml Serum 32367 6,20 € 4020 16,76 €
Cortisol im Speichel 2 ml Speichel 32314 51,90 € 4210 60,33 €
ACTH 2 ml EDTA-Plasma, gefroren 32412 14,50 € 4049 21,45 €
Metanephrin, Normetanephrin 2 ml EDTA-Plasma, gefroren oder 24h-Sammelurin 32314 51,90 € 4078
4079
38,21 €
23,46 €
Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin 24h-Sammelurin 32300 27,00 € 4072 38,21 €
TSH 1 ml Serum 32101 3,00 € 4030 16,76 €
fT3 1 ml Serum 32321 3,70 € 4022H4 16,76 €
fT4 1 ml Serum 32320 3,70 € 4023H4  16,76 €
HbA1c 2 ml EDTA-Blut 32094 4,00 € 3561 13,41 €
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