Dt. Ärzteblatt Jg. 104, Heft 45, 9. November 2007
Verletzungsgefahr in Praxis und Klinik
Schwerwiegende Folgen nach Nadelstichverletzungen sind glücklicherweise selten (s. Dt. Ärzteblatt Jg. 104, Heft 45, 9. November 2007). Problematisch hingegen ist, dass sie häufig bagatellisiert werden. Unfälle werden nicht gemeldet und wichtige Sofortmaßnahmen nicht durchgeführt. Aber nur durch zügigen, zeitnahen Beginn von nach Nadelstichverletzung empfohlenen Maßnahmen kann das Infektionsrisiko reduziert und mögliche Spätfolgen verhindert bzw. minimiert werden.
Durch geeignete Sofortmaßnahmen und mögliche Postexpositionsprophylaxen lässt sich das Risiko einer Infektion deutlich verringern. Die exakte Dokumentation aller relevanten Maßnahmen bzw. Informationen über den Unfall ist für eventuelle spätere Ansprüche gegenüber der Berufsgenossenschaft (BG) bzw. Unfallversicherung zwingend erforderlich.
Handlungsablauf
(übernommen von www.bgw-online.de)
1. Blutfluss fördern bei offener Wunde mit anschließender intensiver Desinfektion bzw. Spülen von Schleimhäuten / Auge
2. Infektionsrisiko ermitteln für HBV, HCV und HIV:
· Unfallart bewerten: Zeitpunkt, Verletzungsinstrument, Kontamination, Inkorporation, Schutzmaßnahmen?
· umgehend D-Arzt hinzuziehen
· Infektionswahrscheinlichkeit klären für Indexperson: Akten, Anamnese, Blutentnahme (Einwilligung notwendig!)
3. Risikobewertung, Diagnostik, Therapie, Dokumentation:
· Immunitätslage der / des Verletzten beurteilen (Impfdokumente, Anamnese, Blutkontrolle HBV, HCV, HIV)
· Maßnahmen für Erste Hilfe: HIV-PEP (innerhalb von 2 Stunden und nur nach Rücksprache mit in PEP erfahrenem Experten – siehe Expertenrat, nächste Seite) beginnen, HBV-Immunisierung
4. Meldung an die BGW oder Unfallkasse
5. Medizinische Nachsorge gewährleisten: siehe Tabelle
Serologische Untersuchungen bei verletzter Person im Überblick: | ||||
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umgehend nach Exposition | 6 Wochen nach Exposition | 3 Monate nach Exposition | 6 Monate nach Exposition | |
Hepatitis B entfällt bei sicherer Immunität * | HBs-Ak HBc-Ak | HBs-Ak HBc-Ak HBs-Ag | HBs-Ak HBc-Ak | HBs-Ak HBc-Ak |
Hepatitis C | HCV-Ak | HCV-Ak | HCV-Ak | HCV-Ak |
Wenn Indexperson HCVinfektiös oder Status unbekannt | ggf. zusätzlich HCV-RNA | |||
HIV | HIV-Screening (4. Generation) | HIV-Screening (4. Generation) | HIV-Screening (4. Generation) | entfällt bei neg. Screening (4. Generation) in Woche 12 |
Bei Einnahme einer vierwöchigen PEP | erst nach 10 Wochen | erst nach 16 Wochen | entfällt bei neg. Screening in Woche 16 |
Serologische Untersuchungen bei der Indexperson zum Unfallzeitpunkt: (neu: Kosten werden von BGW / Unfallkassen übernommen!) | |
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Hepatitis B (entfällt bei sicherer Immunität *) | HBsAg und HBcAk |
Hepatitis C bei bekannter HCV-Infektion | HCV-Ak nur HCV-RNA |
HIV bei bekannter HIV-Infektion | HIV-Screening (4. Generation) nur HIV-RNA |
* sichere Immunität: dokumentierter Nachweis von HBs-Ak ≥ 100 IU/l innerhalb der letzten 10 Jahre |
Expertenrat: | |
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Robert-Koch-Institut, Berlin Mo – Fr, 9 – 17 Uhr Außerhalb dieser Zeiten (Rufbereitschaft): | Tel.: 030 18 754-3467 Tel.: 030 18 754-0 |
BzgA, Köln Mo – Do, 10 – 22 Uhr Fr – So, 10 – 18 Uhr | Tel.: 01805 55 54 44 |
Ifi-Institut Asklepios Klinik, Hamburg | Tel.: 040 28 40 760-0 |
UKE Ambulanzzentrum, Hamburg | Tel.: 040 74 10-0 |
Kliniken mit 24 h-Beratung: | www.aidshilfe.de/adressen |
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