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Die Basis humangenetischer Labordiagnostik ist die Analyse der Eigen- und Familienanamnese. Die Indikation für eine humangenetische Labordiagnostik wird anhand des aktuellen Untersuchungsbefundes unter Berücksichtigung der individuellen Eigen- und Familienanamnese gestellt.
Inzwischen stehen zuverlässige genetische Untersuchungsmöglichkeiten zur Verfügung, so dass die Abklärung des Verdachts auf eine erbliche bzw. genetisch bedingte Erkrankung in vielen Fällen durch eine genetische Diagnostik nach einer einfachen Blutentnahme möglich ist.
Unter dem allgemeinen Begriff «Genetischer Test» werden heute die Analysen von menschlicher DNS, RNS und Chromosomen zusammengefasst, die vererbbare, mit der Erkrankung in Verbindung stehende Gen- oder Chromosomenveränderungen aufdecken.
Speziell im Rahmen der Familienanamnese werden von Patienten gelegentlich Angaben zu genetischen Tests bei ihren Verwandten, die eine erbliche Erkrankung haben bzw. hatten, gemacht, bei denen es sich oftmals aber um klinische und biochemische Befunde handelte (z.B. histologischer Befund bei Muskeldystrophien, Gerinnungsbefunde bei Hämophilien oder klinische Befunde bei Mukoviszidose).
Jetzt muss zwar die Diagnose nicht grundsätzlich angezweifelt werden, auf der Basis klinischer, histologischer oder biochemischer Befunde allein ist es aber häufig nicht möglich, eine gezielte genetische Diagnostik auf Anlageträgerschaft bei den gesunden Geschwistern oder Kindern der Erkrankten durchzuführen.
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Humangenetische Leistungen sind bei entsprechender medizinischer Indikation Kassenleistungen. Das Budget des einsendenden Arztes wird bei einer genetischen Untersuchung nicht belastet.
Der Nachweis einer bestimmten Erbanlage oder des Chromosomensatzes wird einmal im Leben durchgeführt, denn Genveränderungen oder Chromosomenanomalien, die bestimmte Erkrankungen bedingen, verändern sich im Laufe des Lebens in der Regel nicht weiter. Daher sollten die Befunde sorgfältig aufgehoben werden, um Doppeluntersuchungen vorzubeugen.
Eine erneute Diagnostik kann allerdings dann sinnvoll sein, wenn z.B. der Erstbefund nicht zufriedenstellend war (z.B. keine Mutation nachgewiesen bei sicherer klinischer Diagnose oder eine Veränderung nachgewiesen wurde, deren Bedeutung im Zusammenhang mit der klinischen Diagnose zumindest derzeit noch nicht sicher beurteilt werden kann) bzw. sich neue Gesichtspunkte (z.B. die Entdeckung neuer verantwortlicher Gene) ergeben haben oder die Weiterentwicklungen der Techniken neue Möglichkeiten der Diagnostik bieten.
Die Methoden zur humangenetischen Diagnostik ermöglichen zum einen die Analyse des Chromosomensatzes (Chromosomenanalyse, Zytogenetik) und zum anderen die Analyse einzelner Gene (molekulargenetische Analyse, Molekulargenetik). Beide Techniken können sich ergänzen. Durch den enormen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn werden fortlaufend neue Krankheitsursachen entdeckt, die auch meist unmittelbaren Eingang in die diagnostische Praxis finden.
Die differenzierte Chromosomenanalyse nach Bandendarstellung stellt den Karyotyp dar, der normal oder aberrant sein kann. Chromosomenaberrationen können balanciert sein (balancierte Translokationen), dann sind die Patienten klinisch gesund, oder unbalanciert (strukturelle oder numerische Chromosomenaberration), dann finden sich häufig Entwicklungsstörungen.
Bestimmte Deletionen, die so klein sind, dass sie sich mit der Bandendarstellung nicht nachweisen lassen und die für definierte Syndrome, z.B. DiGeorge, typisch sind, können bei gezieltem Verdacht z.B. zielgerichtet mit fluoreszierenden „Sonden“ im Rahmen einer Fluorszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) abgeklärt werden.
Chromosomenanalysen werden an Zellen, die in Teilung (Mitose) sind, durchgeführt, zur Abklärung von (Verdachts-)Diagnosen in der Regel an kultivierten Lymphozyten aus einer Blutprobe. Im Rahmen der genetischen Pränataldiagnostik werden optimale Ergebnisse an kultivierten Zellen des Fruchtwassers erreicht. Grundsätzlich wären Chromosomenanalysen auch an Zellen von Chorionzotten (nach telefonischer Anmeldung!) möglich.
Bei der molekulargenetischen Diagnostik können einzelne Gene gezielt auf bestimmte Mutationen untersucht werden oder bestimmte Gene vollständig analysiert werden. Die jeweils angewandte Technik ist abhängig von der Fragestellung und dem zu untersuchenden Gen. Je nach Fragestellung wird die Analytik in Stufenverfahren durchgeführt, bei der zunächst häufige Genveränderungen untersucht werden. Bei einer klinischen (Verdachts-)Diagnose wie z.B. Vorliegen von familiärem Brust- und Eierstock- oder familiärem Darmkrebs werden meist mehrere Gene, die für das Krankheitsbild verantwortlich sein können, in einem Untersuchungsgang analysiert (sog. Panel-Untersuchung).
Eine Untersuchung gesunder Menschen auf Anlageträgerschaft, z.B. die Untersuchung der Geschwister von Patienten mit autosomal-rezessiv erblichen Erkrankungen wie Mukoviszidose, spinale Muskelatrophie oder 21-Hydroxylase-Mangel (Adrenogenitales Syndrom, AGS), kann bei Kenntnis der spezifischen Mutationen treffsicher erfolgen. Sind die Mutationen bisher nicht bekannt, so kann eine aufwändigere Untersuchung auf die häufigsten bekannten Mutationen durchgeführt werden, die je nach ethnischer Zugehörigkeit sehr hohe Aufklärungsraten haben.
Auch molekulargenetische Analysen können sowohl im Rahmen klinischer Fragestellungen als auch im Rahmen genetischer Pränataldiagnostik durchgeführt werden.
Bei der genetischen Pränataldiagnostik muss der Ausgangsbefund, z.B. die Anlageträgerschaft der Eltern oder der Befund eines betroffenen Geschwisterkindes bekannt sein, um das Wiederholungsrisiko zielgerichtet, zeitsparend und mit hoher Sicherheit ausschließen zu können. Darüber hinaus sollten vor Entnahme der Untersuchungsprobe mit der Schwangeren die möglichen Konsequenzen ausführlich erörtert werden und – je nach Ausgangsbefund – frühzeitig Beratungsangebote angesprochen werden
Neben den klassischen Erbkrankheiten wie Mukoviszidose oder erblicher Brust- und Eierstock- oder Darmkrebs und genetisch bedingten Störungen wie die Trisomie 21, gibt es genetische Merkmale, die bei Patienten mit bestimmten Erkrankungen häufiger nachgewiesen werden als in der Durchschnittsbevölkerung. Dabei handelt es sich um Genvarianten (Polymorphismen), die allein nicht krankheitsverursachend sind aber überdurchschnittlich häufig bei Patienten mit bestimmten Erkrankungen, die zumeist verschiedenste Ursachen haben können, gefunden werden. Hier handelt es sich um Assoziationen, nicht um Kausalzusammenhänge. So haben Patienten mit Morbus Bechterew überdurchschnittlich häufig den HLA-Typus B27. Dabei ist der Nachweis von HLA-B27 weder beim Patienten ein Haupt-Diagnosekriterium noch ein relevanter Risikofaktor bei den Verwandten von M. Bechterew-Patienten.
Eine besondere praktische Bedeutung haben die Polymorphismen des Enzymsystems Cytochrom P450, das eine Schlüsselstellung in der Verstoffwechselung verschiedenster Substanzen, insbesondere von Arzneimitteln hat. Je nach Substanz und individuellem Genotyp kann der Stoffwechsel beschleunigt (keine Wirkung!) oder verlangsamt (toxische Wirkung!) sein. Je nach Indikation, Arzneimittel und Begleitmedikation kann die Bestimmung des individuellen Genotyps indiziert sein.