Präanalytik urogenitaler Infektionen

Die Präanalytik beschreibt den Teil der Diagnostik, der vor der eigentlichen Analyse im Labor liegt. Sie umfasst die Gewinnung und Lagerung sowie den Transport und die Vorbereitung der Probe. Sie betrifft also den gesamten Weg, den das Patientenmaterial von der Entnahme bis zur Untersuchung im Labor durchläuft. Die Präanalytik hat einen erheblichen Einfluss auf die Qualität der Laborergebnisse. Daher sollten alle Mitarbeiter*innen in der Praxis wie auch im Labor über sehr gute Kenntnisse zur Präanalytik verfügen. Die Einführung neuer Methoden hat die mikrobiologische Diagnostik signifikant beschleunigt und verbessert. Damit verbunden sind aber auch Neuerungen in der Präanalytik. 

Das Schaubild zeigt wie Probenmaterial – abhängig von den anzufordernden Untersuchungen – zu entnehmen, zu lagern und zu versenden ist (Abb. 1). 
 

Abb. 1: Präanalytik urogenitaler Infektionen; Druckexemplar in A4 (Best.-Nr. 114845)

Die oberste Zeile listet die Materialien (Abstrich, Punktat oder ähnliches, Urin) sowie mögliche Entnahmeorte (z. B. Harnröhre, Zervix) und Materialarten (z. B. Biopsie, Gewebe, Mittelstrahlurin) auf.

In der ersten Spalte von links sind die bekannten Verfahren, Erreger und Erkrankungen aufgelistet. Sie sind jeweils unterteilt in Verfahren zur Anzucht von Krankheitserregern (Kultur) und in molekulare Verfahren zum Nachweis von genetischem Material von Mikroorganismen (Polymerasekettenreaktion = PCR).

Im Kreuzungspunkt von Verfahren und Entnahmeort finden Sie die für den Versand geeignete Entnahme- und Transportmaterialien als Abbildung.

Die Versandmaterialien können unter der jeweiligen Bestellnummer bei unserem Partner Intermed bestellt werden: 
Freecall: 0800 0850-113 Freefax: 0800 0850-114 www.intermed.de

Das Schaubild kann in unterschiedlicher Weise gelesen werden. Ist eine bestimmte Untersuchung geplant, suchen Sie in der linken Spalte Verfahren/Erreger/Erkrankung die gewünschte Untersuchung heraus. Durch Lesen der dazugehörigen Zeile nach rechts erkennen Sie, aus welchem Patientenmaterial diese Untersuchung überhaupt möglich bzw. sinnvoll ist und welches Entnahmematerial und welches Transportbehältnis dafür benötigt werden.

Das ermöglicht die Bereitstellung des erforderlichen Transportsystems für die Materialentnahme. Das „oder“ in dem jeweiligen Feld weist darauf hin, dass Sie zwischen den verschiedenen Entnahme­materialien wählen können, aber Sie brauchen nur eines davon zu verwenden.

Es liegt bereits Untersuchungsmaterial vor. Suchen Sie im Schaubild das von Ihnen ausgewählte Entnahmematerial heraus. Anhand der dazugehörigen Spalte können Sie nun durch Lesen der links stehenden Verfahren beurteilen, welche Diagnostik damit angefordert werden kann. Universal-Abstrichtupfer mit einem flüssigen Transportpuffer wie ESwab™ mit Standard-Tupfer (Best.-Nr. 453311C) oder dünnem-Tupfer (Best.-Nr. 454220) eignet sich sowohl für die Anzucht von Bakterien (Kultur) als auch für die PCR.

Bei der Planung der Diagnostik kann erkannt werden, aus welchen Materialien diese möglich ist oder nicht. So kann die Suche nach B-Streptokokken im Anogenitalbereich bei Schwangeren nicht ersatzweise aus Urin durchgeführt werden (Abb. 2). In der Zeile unter Urin steht daher: „Nicht möglich“. 

Kultur aus Abstrichen

Der Nachweis von Bakterien mittels Kulturverfahren setzt voraus, dass diese noch vermehrungsfähig im Labor ankommen. Daher beinhalten Transportmedien von Abstrichtupfern Puffersysteme, die die Bakterien vital halten sollen. Aber sie sind selbst nicht zur Vermehrung von Bakterien und anderen Mikro­organismen geeignet. 

Kultur aus Punktat o. ä.

Punktate und ähnliche Materialien wie Gewebebiopsien sollten in sterilen Gefäßen transportiert werden. Insbesondere bei sehr kleinen Biopsien kann es sinnvoll sein, 1 bis 3 ml einer sterilen 0,9 %igen Kochsalzlösung zuzugeben, damit die Probe nicht austrocknet. Durch Verwendung dieser Transportgefäße ist die Materialentnahme im Labor ohne Kontamination möglich, sodass mehrere verschiedene feste, aber auch flüssige Nährmedien beimpft werden können.

Kultur aus Urin

Für die Erregeranzucht bei Verdacht auf eine Harnwegsinfektion sind nur Mittelstrahlurin oder Katheterurin geeignet. Für die Entnahme des Mittelstrahlurins ist es erforderlich, das äußere Genital mit sterilem Wasser oder Kochsalzlösung zu reinigen, nachdem ggf. die Vorhaut zurückgezogen bzw. die Schamlippen gespreizt gehalten werden. Nach Beginn des Urinierens wird das Auffanggefäß in den Urinstrahl gehalten, um 5 bis 10 ml Urin zu gewinnen und dann abgestellt. 

Nach Beendigung des Toilettengangs wird der Urinbecher in der Praxis abgegeben und weiter ins Labor versendet. Daher sind eine ausführliche Erklärung für die Patient*innen sowie ggf. eine Mithilfe bei der Probengewinnung erforderlich. Nur so kann erreicht werden, dass die nachgewiesenen Bakterien aus der Blase und nicht von der Haut stammen! Die Haut der Urogenitalregion ist üblicherweise mit Hautkeimen und Darmbakterien besiedelt, die auch Harnwegsinfektionen verursachen können. Für die Diagnose und Therapie einer Harnwegsinfektion sind aber nur die Keime aus der Blase mit Angabe der Bakterienkonzentration wichtig.

B-Streptokokken-Screening

B-Streptokokken sind typische Darmkeime, die auch die Urogenitalregion besiedeln können. Während der Geburt können sie übertragen werden und dann zu schweren Infektionen beim Neugeborenen führen. Bei Nachweis einer Besiedelung der Schwangeren mit B-Streptokokken wird die prophylaktische Gabe eines Antibiotikums während der Geburt empfohlen, um die Übertragung zu verhindern und damit das Erkrankungsrisiko zu minimieren.

Die Suche (Screening) gelingt am besten durch Abstreichen des Vaginaleingangs (unteres Drittel der Vagina) und des Rektums durch den Analring hindurch (Eindringtiefe 1 cm). Es kann ein Tupfer zum Abstrich der Vagina und nachfolgend für das Rektum verwendet werden oder alternativ jeweils ein Tupfer pro Abstrich. Damit werden die zwei möglichen mit B-Streptokokken besiedelten Regionen untersucht.

Abb. 2: Schema der Abstriche aus Vagina und Rektum für das B-Streptokokken-Screening bei Schwangeren Quelle: CDC (Center for Diesease Control and Prevention)

PCR

Die molekulare Diagnostik mittels PCR ist schneller und sensitiver als ein Kulturverfahren. Sie ist sehr gut geeignet zum Nachweis von nur schwer kultivierbaren oder empfindlichen Mikroorganismen, die beim Transport so geschädigt werden, dass sie nicht mehr wachsen können. Einige Beispiele sind:

  • Chlamydien (Chlamydia trachomatis)
  • Gonokokken (Neisseria gonorrhoeae)
  • Mykoplasmen (Mycoplasma genitalium)
  • Trichomonaden (Trichomonas vaginalis)
  • Haemophilus ducreyi (Ulcus molle)
  • Treponema pallidum (Lues/Syphilis)
  • Herpes-simplex-Virus Typ 1 und 2
  • Varizella-Zoster-Virus
  • Humane Papillomviren

Für den Nachweis erregertypischer Gensequenzen ist es unerheblich, ob die Mikroorganismen noch vermehrungsfähig bzw. vital sind, wenn die Probe im Labor ankommt.

Erststrahlurin

Für den molekularen Nachweis von Erregern urogenitaler Infektionen im Urin ist es dringend erforderlich, Erststrahlurin zu verwenden! Dafür werden die ersten 5 bis 10 ml Urin aufgefangen

  • frühestens 3 Stunden nach dem letzten Wasserlassen oder
  • am Morgen nach dem Schlaf in der Nacht.

Die Erreger urogenitaler Infektionen leben an oder in den Zellen, die die Harnröhre innen auskleiden. Sie werden ständig erneuert, so dass alte, auch bakterienhaltige Zellen abgestoßen und beim nächsten Wasserlassen entsorgt werden. Und genau diese Zellen mit den in die Harnröhre abgegebenen oder dort lebenden Mikroorganismen werden für den Nachweis im Urin benötigt! 

Wird hingegen Mittelstrahlurin untersucht, kann die PCR ein „falsch-negatives“ Ergebnis liefern, weil in der Urinprobe nur Erreger aus der Blase, aber nicht aus der Harnröhre gefunden werden.

Chlamydien- und Gonokokken-PCR

Für die Analyse auf Chlamydien und Gonokokken mittels der PCR können verschiedene Transportsysteme verwendet werden. Dabei ist zu beachten, dass einige wie das Abstrichset PCR für Frauen (Best.-Nr. 451321) oder das Entnahmesystem für die HPV-PCR (Best.-Nr. 106333) Stabilisatoren enthalten. Diese konservieren die DNA, töten aber die Mikroorganismen ab! Deshalb können Proben, die in diesen Probenröhrchen transportiert werden, nicht gleichzeitig für die Anzucht von Bakterien, Pilzen oder Einzellern verwendet werden. 

Eine Anzucht mit Resistenztestung ist aber sinnvoll, um wirksame Medikaments einsetzen zu können, da zunehmend Gonokokken gibt, die gegen üblicherweise eingesetzte Antibiotika resistent sind. In diesem Fall ermöglicht ESwab™, ein Universaltupfer mit flüssigem Transportmedium (Best.-Nr. 453311C), dass sowohl eine Anzucht mit Resistenztestung als auch eine PCR durchgeführt werden können. 

Die Menge des stabilisierenden Puffers führt zu einer Verdünnung, sodass die Probe ausschließlich für definierte PCR-Verfahren verwendet werden kann. So können z. B. im Puffer (Best.-Nr.  399153) transportierte Urinproben für die Chlamydien- und Gonokokken-PCR verwendet werden, jedoch nicht für die Mykoplasmen-PCR.

Humane Papillomaviren-PCR

Für den Nachweis von Humanen Papillom­viren (HPV) ist es wichtig, Zellen aus der Zervix zu entnehmen. Am besten sind dafür „Bürstchen“ (Best.-Nr.  106333) geeignet wie beim Abstrich für die Zytologie.

Besonderheiten der PCR-Diagnostik

Trichomoniasis

Die PCR ist das beste Verfahren zum Nachweis einer therapiebedürftigen Trichomoniasis. Der mikroskopische Nachweis von Trichomonas vaginalis gelingt meist nur, wenn diese noch beweglich sind. Nach Probenahme und beim Transport verlieren diese Einzeller jedoch schnell ihre Mobilität. Kulturverfahren sind sehr aufwendig und weisen nur etwa 70 % der Infektionen nach, die mittels PCR gefunden werden. 

Genitalulkus

Bei Vorliegen eines Genitalulkus kommen als Verursacher auch die Bakterienarten Treponema pallidum (Syphilis) und sehr selten Haemophilus ducreyi (Ulcus molle) in Betracht. Beide lassen sich nur schwer im Labor anzüchten. Es kann versucht werden, ihre DNA mittels spezifischer PCR und damit eine Infektion mit einem dieser Erreger nachzuweisen. 

Dennoch muss zum Nachweis oder Ausschluss einer Syphilis (Lues) immer ergänzend Blut für den Nachweisversuch von Antikörpern (Serologie) eingeschickt werden. Für die Infektion mit Haemophilus ducreyi gibt es keine standardisierte Serodiagnostik.

Präanalytik seltener Infektionen

Tuberkulose

Bei dem Verdacht auf eine Tuberkulose der Harnwege durch den Mycobacterium-tuberculosis-Komplex sollte der gesamte Morgenurin, also die erste Portion nach dem Schlafen, aufgefangen werden. Wenigstens 40 ml davon oder die gesamte Urinportion sind bei Raumtemperatur gelagert einzusenden. Größere Urinmengen (> 100 ml) können im Uringefäß für Sammelurin (Best.-Nr. 261542) eingeschickt werden.  Da die Menge ausgeschiedener Mykobakterien variieren kann, wird die Untersuchung dreimal durchgeführt, d.h. der jeweilige Morgenurin von drei verschiedenen Tagen sollte eingeschickt werden. 

Bei Verdacht auf eine Tuberkulose der Genitalorgane werden entweder Organbiopsien, Kürettage-Material, Menstrualblut oder Ejakulat in einem für Punktate vorgesehenen fest verschließbaren Transportbehälter (Best.-Nr. 109434) eingeschickt. Menstrualblut kann durch das „Auswaschen“ mehrerer blutgetränkter Tupfer oder Tampons in steriler 0,9 %iger Kochsalzlösung gewonnen werden. Menstrualblut wie auch Ejakulat sollten ebenfalls von drei verschiedenen Tagen eingeschickt werden. 

Wichtig ist die Angabe, dass das eingeschickte Material auf „M. tuberculosis“-Komplex oder „Tuberkulose“ untersucht werden soll! Andernfalls werden weder die dafür erforderlichen Spezialnährmedien verwendet noch die nötige Inkubationszeiten von mehreren Wochen eingehalten.

Aktinomykose

Bei Verdacht auf eine Aktinomykose, verursacht durch Aktinomyzeten (Bakterien) werden Organbiopsien, Vaginal-, Zervixabstriche und/oder Intrauterinpessare kulturell untersucht. Für Abnahme und Transport kommen die für Kulturen von Abstrichen oder aus Punktaten aufgeführten Tupfer und Transportbehälter in Betracht. 

Wichtig ist der Vermerk, dass eine Untersuchung auf Aktinomyzeten gewünscht ist, damit entsprechende Nährmedien beimpft werden und eine verlängerte Bebrütungszeit eingehalten wird!

Bilharziose / Schistosomiasis

Bei Verdacht auf eine Blasenbilharziose, verursacht durch den Pärchenegel Schistosoma haematobium wird Urin auf die Ausscheidung von Wurmeiern untersucht. 

Dazu wird Urin benötigt, der bevorzugt in der Zeit von 10 bis 14 Uhr gesammelt wird, da die Ausscheidung der Wurmeier zu dieser Tageszeit am höchsten ist. Die Patient*in sollte viel Flüssigkeit trinken, um eine große Menge Urin (1 bis 2 Liter) zu produzieren. Die komplette Menge Sammelurin wird eingeschickt (Best.-Nr. 261542). Die Untersuchung sollte dreimal durchgeführt werden. 

Wichtig ist der Vermerk: Untersuchung auf „Wurmeier“ oder „Schistosomiasis“ oder „Bilharziose“. Bei Organbefall können Biopsien wie auch Ejakulat auf Wurmeier untersucht werden. Die dafür vorgesehenen sterilen Transportbehälter sind zu verwenden (Best.-Nr. 109434).

Bei Rückfragen wenden Sie sich gern an eines unserer mikrobiologischen Labore. Für Anregungen und/oder Ergänzungen zu dieser „Präanalytik urogenitaler Infektionen“ mit Schaubild sind wir Ihnen dankbar.

Material Best.-Nr.
Präanalytik urogenitaler Infektionen Poster in A4 114845
ESwab™, Standard Tupfer 453311C
ESwab™, dünner Tupfer 454220
cobas PCR Media Dual Swab Sample Kit 451321
digene HC2 DNA Collection Device SS CE 106333
cobas PCR Urine Sample 399153
Uringefäß für größere Urinmengen/Sammelurin (Urin-Sammelflasche 3,0 l mit transparentem Sichtstreifen und Skalierung) 261542
Transportbehälter 70 ml einfach verpackt 109434

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Freecall: 0800 0850-113 Freefax: 0800 0850-114 www.intermed.de

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