S2k-Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien. Allergo J Int 2015; 24: 256

IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien

Zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien ist bei der AWMF eine neue S2k-Leitlinie[1] erschienen, die ausführlich zu Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Verlauf Stellung nimmt. Ein wichtiger Baustein der Diagnostik ist die serologische Bestimmung von spezifischen IgE-Antikörpern im Labor.

Durch Provokation bestätigte Nahrungsmittelallergien kommen bei Kindern mit 4,2 % tendenziell häufiger vor als bei Erwachsenen (3,7 %). Handelt es sich bei Kindern meist um primäre Allergien, sind bei Erwachsenen in der Regel sekundäre Nahrungsmittelallergien in Folge von Kreuzreaktionen auf Grund bereits bestehender Allergien wie z. B. einer Pollenallergie zu finden. Der Entstehungsweg sowie das auslösende Allergen beeinflussen Therapie und Prognose.

Die Symptome sind selten spezifisch und können unterschiedlichste Organsysteme betreffen – in Abhängigkeit von Aufnahmemenge, der Häufigkeit, aber auch der Lokalisation der Exposition. So kann Hautkontakt eine Urtikaria auslösen, das Bäckerasthma z. B. wird durch Inhalation verursacht, und der Verzehr des Allergens führt oftmals zu Haut- und Schleimhautreaktionen wie Rötungen, Schwellungen und Juckreiz. Eine Magen-Darm-Symptomatik hingegen tritt eher bei Reaktionen des verzögerten Typs auf.

Mögliche Symptome einer Nahrungsmittelallergie

Augen Oropharynx Gastro-
intestinaltrakt
Atemwege Haut Kreislauf
Juckreiz Schwellungen von
Lippe/Zunge/Gaumen
Übelkeit Husten Juckreiz Blutdruckabfall
Rötung Pharyngealer
Juckreiz
Erbrechen Atemnot Ekzem/
Exanthem
Schock
Tränenfluss   Durchfall Schnupfen Urtikaria  
    Diarrhö      

Ein Ernährungs-und-Symptomtagebuch kann insbesondere bei chronischen Beschwerden hilfreich zur Identifizierung allergieauslösender Nahrungsmittel sein. Neben der Aufnahme von Speisen und auftretenden Beschwerden sollten dort auch verstärkend wirkende Faktoren wie Medikamente und körperliche Anstrengungen mit aufgezeichnet werden.

Bestätigt wird der anamnestische Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie in der Praxis meist zunächst mit dem Prick-Test, der durch spezifische IgE-Testungen ergänzt bzw. bei Kontraindikationen für eine Hauttestung auch ersetzt werden kann, da die qualitativen Aussagen grundsätzlich gleichwertig sind. Beispielsweise ist bei kleinen Kindern, Hautveränderungen im Testareal, Einnahme von Antihistaminika oder bereits stattgefundenen schweren anaphylaktischen Reaktionen die primäre Testung auf IgE-Antikörper vorzuziehen.

Übereinstimmende Ergebnisse beider Testsysteme erhöhen die diagnostische Treffsicherheit. Bei diskrepanten Ergebnissen ist auf Grund der unterschiedlichen Sensitivitäten der Teste eher von einem richtig positiven Ergebnis auszugehen.

Nahrungsmittelallergene als Auslöser in verschiedenen Altersgruppen

Bei der spezifischen IgE-Testung besteht zum einen die Möglichkeit, zunächst mit einem Sammeltest zu screenen, der eine Kombination von fünf häufig vorkommenden Nahrungsmittelallergenen enthält – z. B. sind im Screening-Test fx5 die Allergene Hühnereiweiß, Milcheiweiß, Dorsch, Weizenmehl, Erdnuss und Soja enthalten. So können mit nur einem Test bereits verschiedene Sensibilisierungen aufgedeckt bzw. ausgeschlossen werden. Im positiven Fall muss sich dann jedoch die Aufschlüsselung in die enthaltenen Einzelallergene anschließen.

Alternativ – z.B. bei anamnestisch bereits eingegrenztem Verdacht – lässt sich mit konventioneller IgE-Diagnostik gleich gezielt auf bestimmte Allergenextrakte wie z. B. Erdnuss (f13) oder Haselnuss (f17) testen. Grundsätzlich empfiehlt sich, bei der spezifischen IgE-Testung immer auch das Gesamt-IgE als Bezugsgröße parallel mitzubestimmen. Bei niedrigen Gesamt-IgE-Werten fallen auch geringe spezifische IgE-Werte schon ins Gewicht. Dagegen liegt bei sehr hohen Gesamt-IgE-Werten oft eine Vielzahl von Sensibilisierungen vor, die nicht alle klinisch bedeutsam sind. Wird eine Sensibilisierung nachgewiesen, kann eine weiterführende komponentenbasierte Diagnostik (auch sog. molekulare Allergiediagnostik) sinnvoll sein. Nahrungsmittel bestehen aus einer Vielzahl von potentiell allergieauslösenden Proteinen, die jedoch von unterschiedlicher klinischer Relevanz sind. So können beispielsweise im Bereich der Nussallergien Vorhersagen bezüglich der Schwere der Reaktion gemacht werden.

Unterschiedliche Allergen-Zusammensetzungen in Tests für konventionelle Diagnostik (A) im Vergleich zu Tests für rekombinante Allergiediagnostik (B)

Eine Sensibilisierung gegen das Ara h 2 der Erdnuss lässt ein hohes Risiko für schwere Reaktionen vermuten. Bei Kindern korreliert ein Wert von größer 40 kU/l mit einer 95%igen Wahrscheinlichkeit einer positiven oralen Provokation. Weitere Studien werden zeigen müssen, ob zukünftig mit Hilfe komponentenbasierter Diagnostik bestimmten Patienten die teils belastende orale Provokation erspart werden kann.

In einigen Fällen kann die Sensibilisierung überhaupt erst durch die komponentenbasierte Diagnostik nachgewiesen werden. So fällt trotz schwerer Reaktionen die Testung auf Sojabohne sowohl im Prick-Test als auch in der IgE-Testung (f14) bei vielen Patienten negativ aus, da das verantwortliche Allergen Gly m 4 im Extrakt unterrepräsentiert ist.

Als Grundregeln für die Bewertung der Befunde lassen sich zusammenfassen, dass der fehlende Nachweis einer Sensibilisierung eine Nahrungsmittelallergie unwahrscheinlich macht, positive Ergebnisse jedoch immer an Hand der Anamnese auf klinische Relevanz geprüft werden müssen – nur etwa die Hälfte der in der Bevölkerung nachweisbaren Sensibilisierungen entspricht klinisch einer Allergie. In unklaren Fällen kann zunächst eine kontrollierte Vermeidung des verdächtigen Lebensmittels mit Aufzeichnung von Ernährung und auftretenden Symptomen sinnvoll sein. Daran kann sich dann zur Klärung noch eine orale Provokation unter ärztlicher Aufsicht anschließen. Ohne korrespondierende Symptome ist ein Verzicht auf ein Nahrungsmittel jedoch nicht angezeigt.

Steht die Diagnose einer Nahrungsmittelallergie, ist langfristig die Karenz des verantwortlichen Nahrungsmittels notwendig. Bei pollenassoziierten (sekundären) Nahrungsmittelallergien kann eine spezifische Immuntherapie in Frage kommen, wenn zeitgleich auch Atemwegsbeschwerden auftreten. Eine regelmäßige Überwachung von Karenzmaßnahmen ist empfohlen, da sich in Abhängigkeit vom Alter und vom Nahrungsmittel sowohl bei primären als auch sekundären Allergien mehr oder minder häufig eine Toleranz entwickelt. So ist beispielsweise im Falle einer Kuhmilchallergie bei kleinen Kindern eine Reevaluation alle 6 bis 12 Monate empfohlen. Auch ein Abfall der spezifischen IgE-Antikörper gegen ein Nahrungsmittel kann auf eine Toleranzentwicklung hinweisen.

Wenn sich der Verdacht auf eine IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergie nicht bestätigt, kommen differentialdiagnostisch neben Infektionen, chronisch-entzündlichen Erkrankungen, Malabsorptionsstörungen auch nicht-IgE-vermittelte gastrointestinale Unverträglichkeiten in Frage, die ähnliche Symptome verursachen können.

Abrechnungen

Parameter Probenmaterial EBM GOÄ
    Ziffer Ziffer € (1,15-fach)
Gesamt-IgE

2 ml Serum oder
Plasma (EDTA,
Heparin)

32426 4,60 € 3572 16,76 €
je spezifisches IgE 32427 7,10 € 3891 16,76 €

* Hinweis auf Höchstwert: bis zu zehn Einzelallergene, je Allergen € 16,76 (1,15-fach)

Bitte beachten Sie, dass bei allergischen Erkrankungen bei Kindern bis zum vollendeten 6. Lebensjahr die Kennnummer 32009 wegen des Wirtschaftlichkeitsbonus gesetzt werden kann. Damit erreichen Sie, dass die Gebührenordnungspositionen 32380, 32426 und 32427 nicht zur Berechnung Ihres praxisindividuellen Laborfallwertes herangezogen werden.

Höchstwertregelung spezifisches IgE

Der Höchstwert für die Untersuchungen der Gebührenordnungspositionen 32426 (Quantitative Bestimmung von Gesamt-IgE) und 32427 beträgt im Behandlungsfall 65,– €. Der Höchstwert für die Untersuchungen der Gebührenordnungspositionen 32426 und 32427 beträgt in begründeten Einzelfällen bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern bis zum vollendeten 6. Lebensjahr im Behandlungsfall 111,–€.

Nach den Beschlüssen auf Bundesebene setzt die Erbringung und/oder Auftragserteilung zur Durchführung von Laborleistungen nach den Nrn. 32426 und 32427 (s. Abschnitt 32.3.5 EBM) grundsätzlich das Vorliegen der Ergebnisse vorangegangener Haut- und/oder Provokationstests voraus, ausgenommen bei Kindern bis zum vollendeten 6. Lebensjahr.

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