PCR-Stuhldiagnostik bei akuter Gastroenteritis

Zum 1. Juli 2022 wurde kurzfristig die molekulare Diagnostik von Erregern akuter gastrointestinaler Infektionen in den EBM aufgenommen. Unter der Gebührenordnungsposition (GOP) 32853 wird der zeitgleiche Nukleinsäurenachweis eines oder mehrerer meldepflichtiger Erreger (Multiplex-PCR-Verfahren) erstattungsfähig und damit eine Leistung auch für gesetzlich Krankenversicherte. Ergänzend wurde die GOP unter der Ausnahmekennziffer 32006 aufgenommen, sodass die Anforderungen keine Auswirkungen auf Ihren Wirtschaftlichkeitsbonus haben.

In der Diagnostik der Clostridioides difficile-Infektionen wird unter der GOP 32701 der leitliniengemäße Nachweisversuch der spezifischen Glutamat-Dehydrogenase und der Toxine A und B erstattet. Im Falle diskordanter Ergebnisse wird der molekulare Toxin-Nachweis mittels PCR empfohlen und nun ebenfalls neu unter der GOP 32702 im EBM gelistet.

Aus fachlicher Sicht wird die Aufnahme dieser im stationären Bereich bereits erfolgreich eingesetzten Multiplex-PCR-Verfahren in den EBM außerordentlich begrüßt. Generell erfährt die Diagnostik damit eine signifikante Steigerung der Sensitivität und Spezifität im Vergleich zu den bisherigen Kultur- und Antigennachweisverfahren. Der erzielbare Zeitgewinn für die Einleitung von Hygiene- und Therapiemaßnahmen sowie für das Management von Ausbrüchen wird durch die geforderte „Befundmitteilung binnen 24 Stunden nach Probeneingang im Labor“ direkt an Sie und damit an Ihre Patient*innen sowie an die zuständigen Gesundheitsämter weitergegeben. Die Leistungslegende zur GOP 32853 beinhaltet den „Nukleinsäurenachweis von einem oder mehreren der nachfolgend aufgeführten Erreger akuter gastrointestinaler Infektionen“, die nachstehend kurz erläutert werden. 

Virale Erreger:

Noroviren, Enteroviren, Rotaviren, Adenoviren, Astroviren, Sapoviren

Im Vergleich zu den bisher diesbezüglich durchgeführten Antigennachweisverfahren zeigt die PCR eine höhere Sensitivität, aber vor allem auch eine deutlich höhere Spezifität. In der Vergangenheit mussten anhaltend positive Antigennachweise, verursacht durch Blutbeimengungen, zähe Konsistenz der Stuhlprobe oder Kreuzreaktionen im Enzymimmuntest (EIT, EIA), mittels PCR überprüft werden, was jetzt entfällt. Zudem wird das Erregerspektrum erweitert, z.B. um den Nachweis der epidemiologisch relevanten Sapoviren. Enteroviren vermehren sich auch im Darm, sind aber selten ursächlich für Gastroenteritiden.

Bakterielle Erreger:

Campylobacter, Salmonellen, Shigellen, Yersinia enterocolitica, Y. pseudotuberculosis, EHEC/EPEC

Die Anzucht der genannten Bakterien auf Nährböden benötigt typischerweise 16 bis 48 Stunden Inkubationszeit. Der Nachweis gattungsspezifischer oder Virulenzfaktoren– kodierender Gene gelingt mit der PCR nun innerhalb von Stunden, um auf die ursächliche Bakteriengattung oder -art hinzuweisen.

Kann man damit jetzt auf die Anlagen von Kulturen verzichten?

Nein – denn grundsätzlich ist ein Antibiogramm nur mittels Testung der angewachsenen Bakterienisolate möglich. Darüber hinaus bleibt die Typisierung von Salmonellen und Shigellen anhand von Testungen der Kultur mittels Antseren weiter notwendig. Dies ist relevant für eine Rückverfolgung von Infektionsquellen, vor allem bei Ausbruchsgeschehen. Die Differenzierung von Yersinia enterocolitica in pathogene und apathogene (Biotyp 1A) Isolate bleibt wichtig. Beim Nachweis von enterohämorrhagischen/enteropathogenen E. coli (EHEC/EPEC) erfordern Hygiene- und Therapiemaßnahmen:

• eine Differenzierung der kodierenden Shiga-Toxin-Gene,

• den Nachweis/Ausschluss des Intimin-kodierenden eae-Gens und

• die Serotypisierung der EPEC.

Nicht eingeschlossen in der PCR-Diagnostik sind der Nachweis von Arcobacter spp., die mit Bakterien der Gattung Campylobacter verwandt sind, auf Spezialnährböden wachsen und ebenfalls ursächlich für Diarrhöen sein können. Der Nachweis von seltenen, aber auch an deutschen Meeresküsten vorkommenden Vibrionen (V. vulnificus, V. cholerae non-O1/non-139, V. alginolyticus) erfordert ebenfalls unverändert die Anlage von Kulturen.

Ist der Antigennachweis noch erforderlich?

Ja – der Antigennachweis mittels Enzymimmuntest bleibt unverändert die Methode der Wahl in der Diagnostik der Clostridioides (vormals: Clostridium) difficile-Infektionen. Die leitliniengemäße Suche mittels Nachweisversuch der Clostridioides difficile-spezifischen Glutamat-Dehydrogenase und der Toxine A und B wird unter der GOP 32701 (neu gelistet unter der Ausnahmekennziffer 32006) erstattet. Im Falle diskordanter Ergebnisse wird entsprechend Leitlinie der molekulare Clostridioides difficile-Toxin-Nachweis mittels PCR empfohlen, der nun ebenfalls neu unter der GOP 32702 in den EBM aufgenommen wurde. Der Nachweis von Helicobacter pylori-Antigen im Stuhl mittels EIT bleibt weiterhin eine EBM-Leistung (GOP 32706).

Parasiten:

Cryptosporidium spp., Entamoeba histolytica, Giardia duodenalis (Synonyme: G. intestinalis, G. lamblia) und Strongyloides spp.

In die GOP 32853 wurde auch der molekulare Nachweis der darmpathogenen Protozoen Entamoeba histolytica, Kryptosporidien und Lamblien sowie der Nachweis des Zwergfadenwurms mittels PCR aufgenommen. Die Antigentestverfahren für die Protozoen entfallen zugunsten der sensitiveren und vor allem spezifischeren PCR-Verfahren.

Üblicherweise werden Infektionen mit den genannten Protozoen nach Auslands- und insbesondere Tropenaufenthalten beobachtet. Die Infektionen beginnen meist mit unspezifischen abdominalen Beschwerden. Bei der Giardiose werden vor allem Blähungen berichtet. Die Stuhlkonsistenz ist meist breiig, bevor sie bei der akuten Amöbenruhr wässrig-blutig oder bei der intestinalen Kryptosporidiose und Giardiose wässrig wird. Die Strongyloidose kann lange Zeit asymptomatisch bleiben, kann unspezifische abdominale Beschwerden hervorrufen, geht mit einer Eosinophilie im Blutbild einher und ist wegen der nur geringen Anzahl ausgeschiedener Larven pro Tag sehr schwer durch mikroskopische Stuhldiagnostik nachweisbar. Im Falle einer Immunsuppression kann sich aus einer bis dato symptomlosen Darminfektion ein Hyperinfektionssyndrom mit ausgeprägten Diarrhöen, aber auch systemischem Befall manifestieren, der unbehandelt rasch tödlich verläuft. Da die genannten Infektionen in Deutschland selten sind, bleiben anamnestische Hinweise oder die gezielte Suche nach Parasiten auch weiterhin der Auslöser für die parasitologische Diagnostik, jetzt mittels PCR.

Vorgehen:

Was müssen Sie tun und wie gehen wir vor?

Unverändert ist die Ausnahmekennziffer 32006 in Ihrer Praxissoftware zu hinterlegen, wenn Sie zur Abklärung von Diarrhöen meldepflichtige Infektionserreger nachweisen oder ausschließen lassen wollen. Die bisherigen GOP für Kulturverfahren und Antigennachweise sowie die GOP für die molekulare Diagnostik sind dann von der Berechnung Ihres Wirtschaftlichkeitsbonus ausgenommen.

Indikationsanforderung „Pathogene Keime"

Wenn dünne Stühle eingeschickt werden, gehen wir davon aus, dass bei Ihrer Anforderung/Frage nach pathogenen Keimen eine akute Gastroenteritis abgeklärt werden soll. Entsprechend werden wir zukünftig mittels PCR nach pathogenen Viren und pathogenen Bakterien fahnden und binnen 24 Stunden nach Laboreingang (Mo-Fr) das Ergebnis mitteilen.

Wir bitten um Ihre Mitteilung klinischer Angaben insbesondere bei der gezielten Anforderung:

1. Bei Diarrhöen im Zusammenhang mit einer Auslandsreise fahnden wir zusätzlich zu o. a. Erregern nach ursächlichen Protozoen mittels PCR.

2. Bei therapie- oder krankheitsbedingter oder damit verbundener erwarteter Immunsuppression suchen wir zusätzlich mit der sensitivsten Methode, sprich PCR, nach einer Zwergfadenwurminfektion (Strongyloides spp.).

3. Wichtig ist ein Hinweis auf die Evaluation einer möglichen Salmonellen-Dauerausscheidung, insbesondere im Rahmen arbeitsmedizinischer Untersuchungen. Während die PCR eine hohe Sensitivität für den Nachweis von Salmonellen bei akuter Gastroenteritis aufweist, ist die alleinige molekulare Methode den bisherigen Anreicherungsverfahren bei der Detektion von Dauerausscheidern signifikant unterlegen. In diesem Fall werden wir unverändert eine 18-stündige Anreicherung durchführen, um anschließend mittels Subkultur oder PCR nach Salmonellen bzw. ihrer DNA zu suchen.

4. Bei Ihrer Anforderung zum Ausschluss von Parasiten im Stuhl werden wir zusätzlich zur Mikroskopie nach Anreicherung die o. a. sensitiveren molekularen Verfahren zum Nachweis von Einzellern statt der bisher verwendeten Antigennachweise einsetzen.

5. Der Nachweis Erreger-spezifischer DNA oder RNA mittels PCR erlaubt keine Aussage zur Vermehrungsfähigkeit der Viren oder Vitalität der Mikroorganismen. Kontrollen sind bei klinischer Besserung üblicherweise nicht erforderlich! Sofern Kontrollen bzgl. Ausscheidungsdauer von Salmonellen, EHEC, Shigellen und/oder EIEC gefordert werden, sind Kulturen anzulegen – daher bitte gezielt anfordern bzw. „Kontrolle" vermerken.

6. Methode der Wahl bei Verdacht auf Madenwurminfektion: Unverändert (!) am besten geeignet ist der morgendlich auf die perianale Haut aufgeklebte und sofort wieder entfernte, durchsichtige Klebestreifen, aufgeklebt auf einen mit Namen beschrifteten Objektträger, dann im Objektträgergefäß (Best.-Nr. 261063) sicher transportiert ins Labor für die Mikroskopie und ggf. ergänzt durch eine PCR.

Unverändert können Sie Stuhlproben nur gezielt nach einzelnen ursächlichen Erregern oder Erregergruppen untersuchen lassen, die Sie bitte dann auf der Anforderung listen, wie z.A. Infektion mit Noroviren oder Rotaviren (z.B. bei Verdacht auf ein Ausbruchsgeschehen) oder Ausschluss viraler Gastroenteritis oder Abklärung bakterieller Ursachen einer Gastroenteritis. Entsprechend passen wir die Diagnostik und Befundmitteilung an.

Bei Unklarheiten oder Fragen zum Vorgehen bei der Stuhldiagnostik – auch im Einzelfall – bieten wir Ihnen gerne unsere kollegiale Hilfestellung und unterstützende Beratung an.

Neue Leistungen im EBM zum 1. Juli 2022

GOP 32853 (je Erreger 19,90 €): Nukleinsäurenachweis von einem oder mehreren der nachfolgend aufgeführten Erreger akuter gastrointestinaler Infektionen (Befundmitteilung innerhalb von 24 Stunden nach Materialeingang im Labor)

Im EBM neu aufgenommene Stuhldiagnostik mit PCR
Virale Erreger Bakterielle Erreger Parasiten
Noroviren Campylobacter spp. Cryptosporidium spp.
Enteroviren Salmonellen Entamoeba histolytica
Rotaviren Shigellen Giardia duodenalis (Synonyme: G. intestinalis, G. lamblia)
Adenoviren Yersinia enterocolitica Strongyloides spp.
Astroviren Yersinia pseudotuberculosis  
Sapoviren EHEC/EPEC  

Ab der 2. Leistung am Behandlungstag wird die GOP 32853 mit 7,23 € je Erreger bewertet. Der Höchstwert für die Untersuchungen der GOP 32853 beträgt 85,00 €. Die GOP 32853 ist am Behandlungstag nicht neben den GOP 32601, 32604, 32609, 32610, 32789 und 32790 berechnungsfähig.

GOP 32701 (23,80 €): Clostridioides difficile-Nachweis im Stuhl; Obligater Leistungsinhalt – Nachweis des Glutamat-Dehydrogenase-Enzyms, Nachweis der Toxine A und B

GOP 32702 (19,90 €): Zuschlag zur GOP 32701 für den Nukleinsäurenachweis von Clostridioides difficile bei diskordanten Ergebnissen des Immunoassays

!Wichtig: Keine Belastung des Laborbudgets der Praxis

Bei Verdacht auf eine Erkrankung, bei der eine gesetzliche Meldepflicht besteht, ist jeder Behandlungsfall mit der EBM-Ausnahmekennziffer 32006 zu kennzeichnen. Die Untersuchung ist dann von der Berechnung des Wirtschaftlichkeitsbonus ausgenommen und belastet nicht das Laborbudget der Praxis.

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