Kaiser R et al. Aktuelle Aspekte zur Lyme-Borreliose. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2011; 46:426-437.

S2k-Leitlinie Kutane Lyme-Borreliose, Stand: 31.03.2016. AWMF-Register Nr 013/044.

Stupica D et al. Treatment of Erythema Migrans With Doxycycline for 10 Days Versus 15 Days. Clin Infect Dis., 2012 Aug; 55(3):343-50.

Leitlinie Kutane Lyme-Borreliose

Wenn es nach einem Zeckenstich zu einer klinisch manifesten Borrelien-Infektion kommt, ist in ca. 90 % die Haut betroffen (1). Zu kutanen Manifestationen der Lyme-Borreliose ist 2016 eine neue S2k-Leitlinie (2) erschienen, die sowohl für die frühen Krankheitsbilder wie Erythemamigrans und Borrelien-Lymphozytom als auch für die Acrodermatitis chronica atrophicans als spätes Stadium differenzierte Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie gibt.

Relativ zeitnah (3 Tage bis mehrere Wochen) nach einem Zeckenstich tritt bei einer Borrelien- Infektion am häufigsten ein Erythema migrans (EM) als Frühstadium auf. Die Leitlinie definiert drei Erscheinungsformen, die sich im weiteren diagnostischen Vorgehen und in der Therapiedauer unterscheiden: typisches solitäres EM, atypisches solitäres EM, multiple Erythemata migrantia (MEM).

Wenn es sich um ein typisches solitäres EM handelt, soll eine antibiotische Therapie ohne weitere Diagnostik erfolgen. Dafür müssen die folgenden vier Kriterien erfüllt sein:

  • Freies Intervall zwischen Zeckenstich und Beginn des Erythems
  • Zunehmende zentrifugale Ausbreitung
  • Randbetonung mit mind. 5 cm Durchmesser
  • Sichtbare Zeckeneinstichstelle im Zentrum

Für alle anderen Manifestationen der Borreliose, unabhängig davon ob ein frühes oder spätes Stadium vorliegt, ist serologische Diagnostik und ggf. auch ein Direktnachweis (Hautbiopsie) erforderlich. Wichtig bei der Anforderung einer Borrelien-Serologie im frühen Stadium, insbesondere beim atypischen EM, ist die gleichzeitige Bestimmung von Borrelien- IgM- und IgG-Antikörpern. IgM-Antikörper können zwar in frühen Stadien der Borreliose- Infektion noch negativ sein, diese diagnostische Lücke kann aber durch den Einsatz des sehr sensitiven Frühphase-Antigens VlsE in den IgG-Antikörper-Testen verringert werden.

Dies führt dazu, dass bei sehr frischen Infektionen VlsE-IgG-Antikörper vor den IgM-Antikörpern einen serologischen Hinweis auf eine Infektion geben können. Das diagnostische Vorgehen bei atypischem EM und MEM, die viel seltener auftreten als das typische Erythema migrans, ist in Abb. 1 erläutert.

CME-Fortbildung als Video: Nachweis von Borrelien-Antikörpern

Der Nachweis von Borrelien-Antikörpern spielt eine zentrale Rolle in der Diagnostik einer Borrelien-Infektion. Dabei sind jedoch einige Besonderheiten zu beachten. Im Rahmen der Fortbildung werden wir diese speziellen Aspekte der Borrelien-Serologie sowie die Möglichkeiten und die Grenzen der serologischen Diagnostik thematisieren. Die Verbindung von Serologie und klinischem Bild wird anhand von Fallbeispielen verdeutlicht.

Stufendiagnostik zur Diagnose und Therapie des Erythema migrans

Quelle: adaptiert aus S2k-Leitlinie „Kutane Lyme Borreliose“

Da das atypische EM in seiner Erscheinung eine große Variabilität aufweisen kann, empfiehlt die Leitlinie eine Vorstellung beim Dermatologen. Bei negativem serologischem Befund und weiterbestehendem Verdacht auf ein atypisches EM ist auch die weitere Abklärung mittels PCR aus Biopsiematerial angeraten. Hier ist zu beachten, dass ein negativer Nachweis aus einer Hautbiopsie in der PCR eine Borreliose nicht sicher ausschließen kann, da die Sensitivität der PCR je nach Stadium bei 50 bis 70 % liegt.

Als späte Manifestation einer Borreliose kann an der Haut eine Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA) auftreten. Die ACA ist in ca. 50 % mit einer peripheren Neuropathie assoziert. Die Diagnose muss durch eine positive Serologie untermauert werden. Hier wird der hochtitrige Nachweis von spezifischen Borrelien-IgG-Antikörper mit einem breiten Bandenmuster im IgG-Immunoblot gefordert. Eine negative Borrelien-Serologie schließt die Diagnose ACA beim Immunkompetenten mit hoher Wahrscheinlichkeit aus! Stimmen das klinische Bild und der serologische Befund überein, ist zusätzlich eine histologische Bestätigung der Diagnose gefordert.

Nicht nur das diagnostische Vorgehen, sondern auch die Therapiedauer hängt vom klinischen Bild ab: Medikament der ersten Wahl ist weiterhin Doxycyclin oder alternativ, z.B. für Kinder und Schwangere, Amoxicillin. Mit diesen Medikamenten sollten frühe kutane Manifestationen für 14 bis 21 Tage behandelt werden. Beim solitären EM kann die Therapiedauer auf 10 Tage reduziert werden, wenn mit Doxycyclin behandelt wird. Dadurch können Nebenwirkungen, insbesondere phototoxische Reaktionen reduziert werden (3). Für die ACA ist eine Therapiedauer von 30 Tagen empfohlen. Eine genaue Übersicht inklusive alternativer Antibiotika findet sich in der Leitlinie in Tabelle 5 auf S. 38.

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