Doppelte Bedrohung: Wenn Hepatitis D auf Hepatitis B trifft.

Seit Oktober 2021 haben gesetzlich Versicherte, die das 35. Lebensjahr vollendet haben, im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsuntersuchung einmalig Anspruch auf ein Screening auf eine Hepatitis B- und Hepatitis C-Virusinfektion.

Sowohl unsere Laborzahlen als auch die Meldezahlen des RKIs zeigen, dass durch dieses Screening deutlich mehr unbekannte Hepatitis B (und C)-Virusinfektionen entdeckt werden.

Patient*innen mit einer neu entdeckten, aktiven Hepatitis C-Virusinfektion wird heutzutage in der Regel zeitnah nach Diagnosestellung eine Therapie angeboten. Sehr gute Heilungschancen, wenige Nebenwirkungen und eine zeitliche Begrenzung der Therapie sind dabei entscheidende Kriterien.

Anders sieht es bei der Hepatitis B-Virusinfektion aus. Auch hier gibt es eine gut verträgliche Therapie, die aber in der Regel lebenslang eingenommen werden muss und lediglich zu einer Unterdrückung der Infektion, nicht aber zu einer Heilung führen kann. Eine wichtige Komplikation der Hepatitis B-Virusinfektion (mit oder ohne Therapie) wird dabei immer noch zu wenig beachtet: die Koinfektion mit dem Hepatitis D-Virus!

Zu oft wird bei der Diagnosestellung einer Hepatitis B-Virusinfektion nicht auf eine mögliche Koinfektion mit dem Hepatitis D-Virus untersucht. Eine Hepatitis B/D-Koinfektion verläuft jedoch in der Regel deutlich schwerer ab und führt schneller zu schweren Folgeschäden wie einer Leberzirrhose oder einem Leberkrebs. Und sie lässt sich deutlich schlechter therapieren, insbesondere, wenn sie nicht als Simultaninfektion, sondern als Superinfektion zeitversetzt zur Erstdiagnose der Hepatitis B-Virusinfektion auftritt.

Das Hepatitis D-Virus benötigt das HBsAg des Hepatitis B-Virus, um sich zu vermehren. Es kann ohne eine HBV-Infektion nicht auftreten, muss also auch nur bei einer bestehenden HBV-Infektion ausgeschlossen werden. Daran sollte aber unbedingt gedacht werden, insbesondere, wenn es bei einer bestehenden HBV-Infektion zu einem über die Krankheitsaktivität bzw. Viruslast der HBV nicht zu erklärende Transaminasenerhöhung kommt. Gegebenenfalls muss die Untersuchung auf HDV im Verlauf sogar wiederholt werden.

Eine Hepatitis D-Virusinfektion kann aber auch verhindert werden. Da sie nur zusammen mit einer Hepatitis B-Virusinfektion auftreten kann, schützt eine Hepatitis B-Impfung nicht nur gegen HBV, sondern auch gegen HDV.

Neben der Grundimmunisierung im Kleinkindalter (im Rahmen der 6-fach-Impfung) empfiehlt das Robert Koch-Institut (RKI) die Hepatitis B-Impfung auch für Risikogruppen: zum Beispiel für medizinisches Personal mit erhöhtem Infektionsrisiko, für Patient*innen mit chronischen Lebererkrankungen oder für dialysepflichtige Patient*innen. Wichtig ist, dass der Impferfolg 4 bis 8 Wochen nach Abschluss der Impfserie kontrolliert wird. Nur ein in diesem Zeitraum gemessener anti-HBs-Titer > 100 IU/l zeigt eine ausreichend schützende Immunität an und kann als solche dokumentiert werden (siehe dazu – und zu serologischen Kontrollintervallen - auch die STIKO-Impfempfehlungen des RKI).