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Schirmer, J.H., Aries, P.M., de Groot, K. et al. S1-Leitlinie Diagnostik und Therapie der ANCA-assoziierten Vaskulitiden. Z Rheumatol 76 (Suppl 3), 77–104 (2017). doi.org/10.1007/s00393-017-0394-1

Bossuyt, X., Cohen Tervaert, JW., Arimura, Y. et al. Revised 2017 international consensus on testing of ANCAs in granulomatosis with polyangiitis and microscopic polyangiitis. Nat Rev Rheumatol 13, 683–692 (2017). doi.org/10.1038/nrrheum.2017.140

Damoiseaux J, Csernok E, Rasmussen N, et al. Detection of antineutrophil cytoplasmic antibodies (ANCAs): a multicentre European Vasculitis Study Group (EUVAS) evaluation of the value of indirect immunofluorescence (IIF) versus antigen-specific immunoassays Annals of the Rheumatic Diseases 2017;76:647-653. doi.org/10.1136/annrheumdis-2016-209507

Vier Jahre Nationale S1-Leitlinie „ANCA-assoziierte Vaskulitis“ – Wo stehen wir mit der Diagnostik?

Seit 2017 gibt es eine erste deutsche S1-Leitlinie zur ANCA-assoziierten Vaskulitis. Dennoch hat sich die Diagnostik-Empfehlung bislang nicht flächendeckend durchgesetzt. Sehr häufig entspricht das Anforderungsprofil den Empfehlungen verschiedener internationaler Konsensus. Dabei sprechen klare medizinische Gründe für die nationale Leitlinie!

Warum sind ANCA-assoziierte Vaskulitiden wichtig?

Zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) gehören die

  • MPA – mikroskopische Polyangiitis
  • GPA – Granulomatose mit Polyangiitis (ehemals M. Wegener)
  • EGPA – eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (ehemals Churg-Strauss-Syndrom).

ANCA-assoziierte Vaskulitis – selten, aber wichtig!

AAV gehören mit einer Prävalenz von 150/1 Million zu den seltenen Erkrankungen. Dennoch erfordern sie eine besondere Aufmerksamkeit, da sie zu einem der wenigen diagnostischen Notfälle in der Autoimmunologie werden können. Wie die meisten anderen Autoimmunerkrankungen nehmen zwar auch die AAV oft einen jahrelangen chronischen Verlauf. Die anfängliche Symptomatik wird wegen der Differenzialdiagnosen mit sehr viel höheren Prävalenzen jedoch oft nicht als Beginn einer AAV erkannt.

Treten die ersten spezifischen Symptome auf, ist das Zeitfenster bis zum Organversagen oft nur kurz (siehe Fallbeispiel unten).

Umso wichtiger ist dann eine schnelle und sensitive Diagnostik! 

Abb. 1 Eigenes Fallbeispiel mit typischem Symptomverlauf (vgl. mit „Klassische Symptome der GPA“ rechts)
Erstmals an eine AAV gedacht wurde mit Auftreten der Hämoptoe. Bei telefonischer Befundübermittlung des positiven cANCA/PR3-Ak begannen bereits weitere Organe zu versagen. Der Patient überlebte nach einwöchiger Intensiv-Therapie mit künstlichem Koma.

Labordiagnostische Notwendigkeiten bei der AAV

  • ANCA im IFT Anti-Neutrophilen-Cytoplasma-Antikörper im Immun-Fluoreszenz-Test
  • MPO-/PR3-Ak im EIA Myeloperoxidase- und Proteinase3-Ak im Enzym-Immuno-Assay

Abb. 2. ANCA-Diagnostik Immunfluoreszenztest (IFT)
Positive Befunde auf Ethanol-fixierte Granulozyten müssen auf Formalinfixierte Granulozyten weiter differenziert werden. Die für eine AAV diagnostisch relevanten ANCA bestätigen sich hier typischerweise mit einer zytoplasmatischen Fluoreszenz, während die sogenannten atypischen pANCA (eher hinweisend auf autoimmune Leber- oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen) für gewöhnlich negativ ausfallen.
CED: Chronisch-entzündliche Darmerkrankung, SLE: systemischer Lupus erythematodes, PSC: primär sklerosierende Cholangitis

Bei einer GPA (ehemals M.Wegener) werden zwar vornehmlich cANCA mit Spezifität PR3-Ak beobachtet, jedoch können auch pANCA oder MPO-Ak nachgewiesen werden. Ebenso wird bei der Mikroskopischen Polyangiitis zwar meistens die Kombination pANCA und MPO-Ak gefunden, jedoch immer wieder auch cANCA oder PR3-Ak (siehe Tab. 1).

Deshalb sollten auch bei klinischem Verdacht auf eine spezielle AAV immer:

  • c- und pANCA und
  • PR3- und MPO-Ak angefordert werden!

Tab. 1 Antikörperverteilung bei den verschiedenen Formen der AAV

  cANCA (%) PR3-Ak (%) pANCA (%) MPO-Ak (%)

GPA
Granulomatose mit Polyangiitis

50–90 69–90 5–25 8–12

MPA
Mikroskopische Polyangiitis

5–30 3–6 40–89 48–86

EGPA
Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis

10–20 9 20–70 69

Die Zahlen belegen eindrücklich die Notwendigkeit, bei Verdacht auf eine AAV, unabhängig von der Form, grundsätzlich beide ANCA-Spezifitäten bzw. beide EIA anzufordern, da es in nicht unerheblichem Maße diagnostische Überschneidungen gibt. Sie zeigen ebenfalls die mittlerweile vergleichbar guten Sensitivitäten von ANCA- und EIA-Testung. Nicht darstellbar in dieser weitverbreiteten Tabellenform ist die Erfassung unterschiedlicher Patientengruppen durch EIA und IFT, so dass trotz vergleichbarer Gesamt-Sensitivität die Wichtigkeit der parallelen Anforderung von EIA und IFT regelhaft unterschätzt wird.

Konkurrierende diagnostische Empfehlungen

Bis 2017 galt eine internationale KonsensusEmpfehlung aus 1999 (1), die 2003 (2) bestätigt wurde. Damals waren die EIA-Teste dem IFT in Sensitivität und Spezifität noch deutlich unterlegen, weshalb folgerichtig primär die Untersuchung der ANCA im IFT empfohlen wurde. Lediglich positive ANCA-Ergebnisse wurden mittels Testung auf PR3- und MPO-Ak im EIA weiter differenziert. Mit der Weiterentwicklung der EIA-Teste kann diese Empfehlung für die AAV als überholt gelten. Möglicherweise verwirrend ist, dass für die ANCA-Diagnostik im Rahmen von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen bzw. autoimmunen Leber- oder Pankreas-Erkrankungen unverändert die primäre Untersuchung der ANCA im IFT gilt.

Die deutsche S1-Leitlinie aus 2017 (3) empfiehlt hingegen die parallele Testung der ANCA im IFT und der MPO-/ PR3-Ak im EIA. Ziel der Empfehlung ist die schnelle und bestmögliche Diagnostik. Zwar weisen die neuesten Testgenerationen von EIA und IFT vergleichbare Sensitivitäten und Spezifitäten auf, jedoch erkennen EIA und IFT in bis zu 10% andere Patienten. Nur durch die parallele Untersuchung der beiden Testsysteme kann die derzeit maximal mögliche Sensitivität erreicht werden. Der Wegfall der Stufendiagnostik erspart zudem Zeit – ein wichtiger Faktor, wenn der Verdacht erst spät im Verlauf aufkommt und nur durch einen schnellen Therapiebeginn ein Multiorganversagen noch zu verhindern ist

Etwas später im Jahr 2017 wurde ein neuer internationaler Konsensus (4) veröffentlicht, der die ausschließliche Testung von MPO-/PR3-Ak im EIA empfiehlt. Eine Indikation für die ANCA-Testung im IFT wird nur noch in Ausnahmefällen gesehen. Die Zielsetzung hier ist eher technischer Natur – es geht um eine bessere Vergleichbarkeit der Testsysteme. Die Empfehlung basiert auf den Ergebnissen der internationalen EUVAS-Studie (5), die eine gute Vergleichbarkeit für EIA-Teste untereinander, nicht aber für IFTs untereinander zeigte. Allerdings wurden nur zwei IFTs miteinander verglichen, von denen einer nicht nach Standardbedingungen abgearbeitet wurde. Die Gesamt-Sensitivität bleibt bei diesem Regime unverändert, da hier lediglich die diagnostische Lücke der IFTs gegen die der EIAs getauscht wird.

FAZIT

  • Der internationale Konsensus von 1999 hat mit der Weiterentwicklung der Testsysteme seine Aktualität für die AAV-Diagnostik verloren, gilt jedoch weiterhin für die ANCA-Diagnostik bei Leber- bzw. chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.
  • Der internationale Konsensus von 2017 hat mit der Empfehlung, nur noch MPO-/PR3-Ak im EIA zu untersuchen, lediglich die bessere Vergleichbarkeit der Testergebnisse im Vergleich zum alten Konsensus zum Ziel.
  • Die nationale Leitlinie hingegen erreicht mit der parallelen Testung von ANCA im IFT und MPO-/PR3-Ak im EIA das Ziel einer schnellen Diagnostik mit derzeit maximaler Sensitivität. Aus medizinischer Sicht ist die Leitlinien-Empfehlung damit alternativlos.

Empfohlenes Anforderungsprofil

Leitlinien-gerechte Diagnostik (3)

  • Bei klinischem Verdacht auf eine ANCA-assoziierte Vaskulitis sollte die notwendige Diagnostik einschließlich einer ANCA-Testung rasch erfolgen.
  • Zum ANCA-Nachweis soll ein IFT, kombiniert mit antigenspezifischen Tests auf PR3 und MPO (in der Regel als EIA), durchgeführt werden.

Abrechnung

  EBM GOÄ
Ziffern Ziffern € (1,15-fach)
ANCA (IFT)* 32496 10,10 €

3826H2

19,44 €

bei Titerbestimmungen im positiven Fall: 3853 34,19 €
PR3-Ak (EIA) 32496 10,10 € 3874 30,16 €
MPO-Ak (EIA) 32496 10,10 € 3873 30,16 €

Abrechnung
*Die EBM-Ziffer für den ANCA-IFT wird nur einmalig berechnet, unabhängig davon, ob isoliert ein p- bzw. c-ANCA oder aber beide Parameter gemeinsam angefordert wurden. Da es sich bei pANCA mit perinukleärer Fluoreszenz bzw. bei cANCA mit cytoplasmatischer Fluoreszenz lediglich um eine Beschreibung des Fluoreszenzmusters innerhalb der Granulozyten handelt, sind sie in einem gemeinsamen Untersuchungsgang zu beurteilen und folglich nur einmal abzurechnen. Durch die gemeinsame Anforderung von p- und c-ANCA entstehen folglich keine zusätzlichen Kosten!

Anders als im EBM gibt es bei der GOÄ-Bereich zwei Abrechnungsziffern, wenn im positiven Fall zur Titerbestimmung weitere Verdünnungsansätze durchgeführt werden müssen. Die erforderlichen Mehrfach-Bestimmungen werden etwas höher vergütet.

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